Aktuelle Studie: 5 Millionen Pflegebedürftige bis 2045 – Altenpflege drohen enorme Kosten
Gerade erst sind die Beiträge für die Pflegeversicherung gestiegen, schon zeichnet sich die nächste Erhöhung ab: 3,05 Prozent vom Bruttolohn teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber seit Beginn des Jahres 2019 – das sind 0,5 Prozentpunkte mehr als im vorigen Jahr. Doch dies wird auf lange Sicht nicht ausreichen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung.
Der Beitrag zur Pflegeversicherung werde voraussichtlich in sechs Jahren, 2025, erneut angehoben werden müssen, um die Kosten für die Altenpflege zu decken, hat das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ausgerechnet. Bis zum Jahr 2045 auf 4,25 Prozent. „Das wären für ein heutiges Durchschnittseinkommen fast 550 Euro mehr im Jahr“, heißt es.
In der Studie gehen die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in den kommenden Jahren stark ansteigen wird: Rund fünf Millionen Menschen werden demnach in Deutschland bis zum Jahr 2045 auf Pflege angewiesen sein. Das sind über 50 Prozent mehr als bisher: 2017 erhielten etwa 3,3 Millionen Menschen Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung.
Kostensteigerung von 38,5 Milliarden auf 145 Milliarden Euro im Jahr
Damit explodieren auch die Kosten für die Altenpflege in den kommenden Jahrzehnten: Derzeit liegen die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung bei etwa 38,5 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2045 steigen sie der Studie zufolge auf rund 145 Milliarden Euro im Jahr.
„Um diesen Ausgabenanstieg zu finanzieren, muss der Beitragssatz bis zum Jahr 2045 auf 4,25 Prozent angehoben werden“, heißt es.
Erhöhung in mehreren Schritten
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass eine Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung ab 2025 in mehreren Schritten vonnöten ist, um die Kosten zu decken. Bis dahin sei vermutlich der aktuelle Beitragssatz in Höhe von 3,05 Prozent des Bruttolohns ausreichend.
Für das Jahr 2025 erwarten die Forscher einen Anstieg auf 3,25 Prozent. Für das Jahr 2030 eine Erhöhung auf 3,55 Prozent. Danach nehme die „Dynamik nochmals spürbar zu“, weil die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 60er-Jahre ein Alter erreichten, in dem sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Pflege angewiesen sind. Daher die vermutete Erhöhung auf 4,25 Prozent bis zum Jahr 2045.
Demografische Entwicklung ist nur ein Grund
Als Grund für die steigende Zahl an Pflegebedürftigen und damit auch die Kostenexplosion nennt die Studie zum einen die „demografische Alterung“. Mit der steigenden Zahl an älteren Menschen steige auch die Zahl derjenigen, die auf Pflege angewiesen sind.
Weniger Menschen werden durch Angehörige betreut
Im Jahr 2015 waren knapp 40 Prozent der 85- bis 90-Jährigen in Deutschland pflegebedürftig, bei den über 90-Jährigen waren dies 66 Prozent.
Ein weiterer Grund und „Ausgabentreiber“ sei aber auch die Tatsache, dass künftig „voraussichtlich“ weniger Menschen als bisher zuhause durch Angehörige gepflegt werden – und stattdessen durch professionelle Altenpfleger in Pflegeeinrichtungen.
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Pflege im Praxis-Check
Wobei die Forscher bei ihren Berechnungen von einem „rechtlichen Status-Quo“ ausgehen, was bedeutet: Das Ergebnis gilt unter der Voraussetzung, dass sich an den aktuellen Rahmenbedingungen und der Finanzierung der Pflegeversicherung bis dahin nichts ändert.
„Mit den jetzt veröffentlichten Berechnungen wissen wir nun erstmal, was passiert, wenn nichts passiert“, so bringt Studienleiter Stefan Etgeton das Ergebnis auf den Punkt. Jetzt gehe es darum, zu untersuchen, was in der Altenpflege verändert werden sollte, um die Qualität der Pflege und die Arbeit in der Altenpflege zu verbessern. Etgeton: „Dann werden wir die Kosten solcher Reformen kalkulieren und Vorschläge für deren Finanzierung entwickeln.“
Studie soll Fachkräftemangel entgegenwirken
Die am Mittwoch (16. Januar 2019) veröffentlichte Prognose ist das Teilergebnis einer umfassenden Untersuchung zur Aufwertung der Altenpflegeberufe und deren Finanzierung.
Laut Bertelsmann Stiftung soll dadurch dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegengewirkt werden. Neben besserer Bezahlung und Personalausstattung gehe dabei um arbeitnehmerfreundliche Arbeitsbedingungen, Vertiefung der Kompetenzen und selbstbestimmtes Arbeiten. Die komplette Studie soll im Sommer 2019 abgeschlossen sein.