Bedarf an Pflegeimmobilien steigt enorm – Babyboomer kommen bald ins Rentenalter

Der deutsche Markt für Pflegeimmobilien bleibt auf Wachstumskurs. Das vergangene Jahr hat das zweitgrößte Transaktionsvolumen am deutschen Pflegemarkt verzeichnet – eine Entwicklung, die sich bereits nach den ersten Quartalen 2018 abzeichnete, als das Volumen 1,75 Milliarden Euro erreichte. Das war ein Plus zum Vorjahreszeitraum von 137 Prozent.
 
Experten und Analysten erwarten, dass sie diese positive Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen wird, auch wenn die Spitzenrendite im vergangenen Jahr erstmals unter die Fünf-Prozent-Marke gesunken ist. „Der Pflegemarkt bleibt ein Wachstumsmarkt“, sagt Jan Linsin, Head of Research beim globalen Immobiliendienstleister CBRE. Seit 2008 habe das Transaktionsvolumen jährlich um 20 Prozent im Durchschnitt zugelegt.
 
Dabei sind laut CBRE Pflegeimmobilien beliebteres Investitionsziel als andere Wohnformen in dieser Assetklasse. In den ersten drei Quartalen entfielen 84,4 Prozent des Transaktionsvolumens auf Pflegeimmobilien, gefolgt von Seniorenresidenzen und Wohnstiften mit insgesamt 14,4 Prozent.
 
Babyboomer werden Rentner

Entscheidender Faktor für die positiven Aussichten am Markt ist der demographische Wandel in Deutschland. Der Immobilienberater Wüest Partner geht in seinem „Pflegeheim-Atlas 2018“ davon aus, dass ich die Anzahl pflegebedürftiger Bürger von 2,9 Millionen im Jahr 2015 auf 3,8 Millionen im Jahr 2035 erhöhen wird.

Grund für den Anstieg ist, dass ab 2020 die Babyboomer-Generation nach und nach in das Rentenalter eintreten. Aus diesem Anstieg errechnet das Unternehmen bis 2030 einen zusätzlichen Bedarf an 230.000 bis 300.000 Pflegeplätzen in Deutschland.

Auslastung bei durchschnittlich 88 Prozent in Deutschland
 
Aktuell sind laut Report die vollstationären Pflegeplätze in Ostdeutschland am stärksten ausgelastet. Die Regionen Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen und Brandenburg weisen einen erhöhten Auslastungsgrad vollstationärer Pflegeheime von über 95 Prozent auf. In Brandenburg an der Havel ist die Situation bereits kritisch. Hier liegt die durchschnittliche Auslastung der verfügbaren Pflegeplätze bei 101,3 Prozent. Aber auch die Städte Frankfurt an der Oder (100 Prozent), Görlitz (98,8 Prozent) und Schwerin (98,2 Prozent) kommen an ihre Grenzen.
 
„Allerdings ist etwa in Brandenburg an der Havel auch der Bedarf in Relation eher gering“, sagt Karsten Jungk, Geschäftsführer und Partner bei Wüest Partner Deutschland gegenüber der „Immobilien-Zeitung“. Aktuell liege die Auslastung der bestehenden Pflegeheime deutschlandweit bei 88 Prozent. „Das heißt aber nicht, dass wir einfach zwölf Prozent freie Betten haben. Wir brauchen auch eine gewisse Fluktuationsreserve, um lange Wartelisten zu vermeiden.“
 
Bedarf an Pflegeplätzen steigt weiter
 

Im Bundesdurchschnitt wird der Bedarf an Pflegeheimplätzen in den kommenden 20 Jahren um 19,1 Prozent steigen. Da sich der demographischen Veränderungen aber unterschiedlich auf die Regionen auswirken werden, sind ostdeutsche Gebiete, was den künftigen Mehrbedarf an Pflegeplätzen angeht, nicht in der Spitzengruppe. Bis zum Jahr 2030 ist der Investitions-Bedarf in Berlin und Hamburg mit rund 9200 und 3300 zusätzlichen Pflegeplätzen am größten. Bei den Städten folgen München (1800), Köln (1600) und Bremen (1200).

Im Ländervergleich liegt Nordrhein-Westfalen mit rund 30.800 zusätzlich benötigten Pflegeplätzen bis 2030 vorne, dicht gefolgt von Bayern mit 29.500 Plätzen. Auf Platz drei liegt Baden-Württemberg mit 24.700 Plätzen.

Auf Kreisebene ist der Druck für bayerische Landkreise am größten. Besonders gefordert ist der Landkreis Landsberg am Lech. Hier müssten die vorhandenen Pflegekapazitäten bis 2030 um über 40 Prozent aufgestockt werden, heißt es in der Studie. Mit etwas Abstand folgen die Landkreise Dachau, Erding, Freising und München.

Kleinere Einheiten

Der Report bestätigt neben dem steigenden Bedarf an Pflegeplätzen auch einen weiteren Trend: Die Heime werden kleiner. 2005 hielten Heime in Deutschland im Schnitt noch 73 Plätze für potenzielle Bewohner parat. 2015 waren es dagegen nur noch 68. „Wir gehen davon aus, dass dieser Trend nachhaltig ist und auch dabei hilft, spätere Nachnutzungen zu finden“, sagt Jungk. Im Blick hat er dabei etwa Studentenwohnheime oder Mikroapartments. „Das ist sicherlich keine Möglichkeit für Standorte auf dem Land, aber in B- und C-Städten etwa ist das vorstellbar.“